#NoGroKo oder #YesGroKo - Vor- und Nachteile der Regierungsbeteiligung

15. Februar 2018

Vieles änderte sich am 24.9.2017 - die SPD teilte mit, sich in der Opposition regenerieren und erneuern zu wollen. Neben der "Die Linke" ist eine weitere grundsätzliche regierungsunwillige Partei in den Bundestag eingezogen und hat die Möglichkeiten zur Regierungsbildung erheblich erschwert. Die Jamaika-Verhandlungen sind daran gescheitert, dass die FDP als nächste Partei ihren Regierungsunwillen bekundete und nach dem Machtwort des Bundespräsidenten sahen sich Union und Sozialdemokraten veranlasst, es doch noch einmal miteinander zu versuchen. Nun sollen die Mitglieder der SPD verantwortungsvoll über die Regierungsbeteiligung entscheiden. Doch was spricht dafür, was spricht dagegen:

Gegen eine Regierungsbeteiligung:

  • Die SPD kann sich in der Regierung nicht von Grund auf erneuern, da sie dabei immer auf die Verantwortung der Regierungsgeschäfte Rücksicht nehmen muss.
  • Die neue Rechtsaußenpartei wäre die stärkste Oppositionspartei im Bundestag.
  • Die beiden Volksparteien können sich in einer gemeinsamen Regierung wenig unterscheidbar machen und würden deshalb zwingend auch weiterhin an Zustimmung verlieren.
  • Der Koalitionsvertrag ist nicht der große Wurf und enthält zu wenige sozialdemokratische Forderungen.
  • Die SPD hat sich durch Martin Schulz früh auf die Opposition festgelegt und verliert an Glaubwürdigkeit, wenn sie nun doch regieren will.
  • Die Union ist kein vertrauensvoller Koalitionspartner, wie sich in der letzten Legislaturperiode und in der Zeit der geschäftsführenden Regierung nach der Wahl (Stichwort Glyphosat) zeigte.

Für die Regierungsbeteiligung:

  • Neuwahlen sind keine Alternative, sie würden kaum etwas verändern, außer, dass wahrscheinlich neben Union und SPD eine weitere Partei beteiligt werden müsste.
  • Es bedarf einer stabilen und vernünftigen Regierung, um den dringenden europäischen und nationalen Herausforderungen gerecht zu werden.
  • Mehr sozialdemokratische Prinzipien wird man kaum durchsetzen können, als unter einer Kanzlerin Merkel, die selbst kein eigenes Programm hat.
  • Die Verweigerung der Regierungsbeteiligung könnte mehr Stimmen kosten, als die Oppositionsarbeit bringen würde.
  • Erst das Land, dann die Partei.
  • Die vereinbarte Ministerienverteilung macht sozialdemokratische Politik noch mehr möglich, als in der letzten Legislaturperiode.

Der Verfasser des Artikels tritt seit dem Rückzug von Martin Schulz dafür ein, sich an der Regierung zu beteiligen. Nicht, weil Martin Schulz nicht fähig gewesen wäre, ein guter Außenminister zu werden, sondern, weil er stehts propagiert hat, nicht in eine Regierung unter Merkel einzutreten.

Durch die parteiliche Trennung von Kanzleramt und Finanzministerium sind die Umsetzungswahrscheinlichkeiten sozialdemokratischer Positionen deutlich erhöht. Das war letztes mal anders. Und wenn sich die Union wieder mal an Vereinbarungen nicht hält, dann muss man das eben offenlegen. Gesetzesvorlage in den Bundestag -> Union stimmt nicht dafür -> Bruch des Koalitionsvertrages -> Kündigung des Koalitionsvertrages -> Neuwahlen -> Ende der Merkel-Phase -> Rechtsruck der Union -> Ende der großen Koalitionenphase

Nicht mal unter Schröder gab es die Chance, mehr sozialdemokratische Positionen durch zu bringen, als die nächsten 3,5 Jahre. Alles würden wir bekommen, wenn wir 50 % plus X haben, aber davon sind wir weit entfernt.

Was bedeutet die Alternative "NoGroKo": - Eine Minderheitsregierung will Merkel nicht (weil sie dann ja 3,5 Jahre überhaupt keinen Juniorpartner hätte, der das politische Programm vorgibt). - Auch Jamaika würde doch fast keinen sozialdemokratischen Inhalt haben, so wie sich die Grünen verbogen haben. - Neuwahlen würden uns maximal 15 % bescheren und die SPD könnte allenfalls in einer Dreierkonstellation mitregieren - wie hoch wäre denn dann die Wahrscheinlichkeit, sozialdemokratische Inhalte umzusetzen oder gar drei der wichtigsten Ministerien zu besetzen. Doch eher Null.

Wenn wir diese Chance dieses Mal nicht nutzen, dann bekommen wir diese so schnell nicht wieder, dessen bin ich mir sicher.

Es darf auch in erster Linie nicht darum gehen, Stimmen zu gewinnen. Es muss darum gehen, Sozialdemokratie zu verwirklichen. Der Gewinn von Stimmen hat doch zum Ziel, die eigenen politischen Vorstellungen umzusetzen. Vielleicht nicht bei der Union, aber doch sicher bei der Sozialdemokratie. Das darf gerne jeder anders sehen, wer der Auffassung ist erst die Partei, dann die Menschen im Lande, muss das für sich entscheiden. Ob sich die Glaubwürdigkeit der SPD oder die Wählerstimmen durch die Regierungsabsage tatsächlich erhöhen, wage ich aber stark zu bezweifeln.

Auch sind die Alternativen an der Regierungsbeteiligung der SPD keine: Eine Minderheitsregierung der CDU/CSU ist aus sozialdemokratischer Sicht doch nicht begrüßenswert, es sei denn, man hofft alleine, dass diese Minderheitsregierung scheitert, um daraus selbst gestärkt hervorzugehen. Aber wem hätte dieses Scheitern genutzt? Mit großer Wahrscheinlichkeit den Populisten, aber nicht der SPD. Neuwahlen hätten nichts verändert, wer glaubt, die SPD wäre daraus gestärkt hervorgegangen, verkennt die Realität. Ich denke nach Neuwahlen wäre die einzige Dreiparteienkonstellation CDU/CDU/AfD gewesen, alles andere hätte 4 Parteien erfordert (also CDU/CSU/SPD/FDP oder CDU/CSU/SPD/Grüne) und das macht doch keine sozialdemokratische Politik wahrscheinlicher. Für SPD/Grüne/Linke hätte es auch dann keine Mehrheit gegeben. SPD/Grüne/FDP hätte wahrscheinlich keine Mehrheit gehabt und wäre auch am Konflikt FDP-Grüne gescheitert.

Nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche hat der Bundespräsident seine Aufgabe wahrgenommen und die Parteien zur Regierungsbildung ermahnt. Er hätte den Bundestag nicht aufgelöst, wenn sich Union und SPD nicht ernsthaft mit dem Versuch der Regierungsbildung beschäftigt hätte. Die Folge wäre gewesen, dass wir zwar ein Parlament, aber auf Dauer nur eine geschäftsführende Regierung aus CDU/CSU und SPD gehabt hätten. Stillstand pur mit erheblicher Stärkung der Populisten. Also haben Union und SPD verhandelt und einen Koalitionsvertrag gefunden, der in der Sache und in den Personen sozialdemokratischere Politik ermöglicht, als es nicht mal unter Schröders rot-grüner Regierung möglich war.

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